Doch nach der „Machtübernahme“ durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 verschlechtern sich die Bedingungen für die Firma zusehends. Ende Oktober 1938 wird Heinrich Wirgin schließlich gezwungen, Deutschland zu verlassen. 

Aufgrund eines Beschlusses der polnischen Volksvertretung vom 31. März 1938 verlieren alle polnischen Staatsbürger jüdischen Glaubens, die länger als fünf Jahre außerhalb Polens gelebt haben, die polnische Staatsangehörigkeit. Die nunmehr staatenlosen Juden dürfen nicht mehr nach Polen einreisen. Die NS-Regierung befürchtet nun, dass die ehemals polnischen, fortan staatenlosen (polnischen) Juden dauerhaft in Deutschland bleiben werden. Daran aber hat der deutsche Staat kein Interesse. Um sich der missliebigen Juden zu entledigen, schieben die deutschen Behörden eine Vielzahl polnischer Juden noch vor dem Inkrafttreten der Ungültigkeit ihrer Pässe im Zuge der sogenannten Polen-Aktion vom 28./29. Oktober 1938 nach Polen ab. Parallel dazu werden sie enteignet. 

Hiervon betroffen sind auch Heinrich und seine Ehefrau Ester, geborene Czamanski. Wie Heinrich stammt Ester aus Polen und ist jüdischen Glaubens. Im Zuge der „Polenaktion“ verliert die Familie Wirgin ihre Kamerafabrik und alles, was sie außerdem besessen hat, wie zum Beispiel ihre Wohnungseinrichtung, ein Grundstück am Heiligenstock und ihr Auto. Die Kamerafabrik wird wenig später von der Firma Adox aus Frankfurt am Main übernommen. 

Ester und Heinrich Wirgin halten sich nach ihrer Abschiebung aus Deutschland zunächst rund ein halbes Jahr in Polen auf.

Foto: Ansichtskarte Blentschen. Rechteinhaber nicht ermittelbar, Sammlung Zibell